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Osnabrück

"Mein Kiez kann alles!"

STEFANIE ADOMEIT,
REDAKTEURIN IM OSNABRÜCKER UMLAND

Okay, einen eigenen Tatort hat Osnabrück nicht. Obwohl es wirklich mal an der Zeit wäre. Ansonsten kann ich dazu, wie es sich in und „umzu“ Osnabrück lebt und arbeitet, sagen „geht wohl“ – und damit die höchste Form des südwestniedersächsischen Lobes aussprechen.

Aus der Selbstständigkeit einer Medienagentur von der NOZ angeworben, hat sich mein befürchteter Verlust der Freiheit in der Wahl meiner redaktionellen Geschichten schnell gelegt. Wir schreiben, recherchieren, entwickeln Serien. Im Lokalen fällt das leicht. Die Themen liegen auf der Straße, hängen überm Gartenzaun, lauern vorm Kurcafé.

Als gebürtige Düsseldorferin gefällt mir, dass das Osnabrücker Land genau so ist, wie es heißt: ländlich. Ländlich bedeutet nicht langweilig und um Nachhaltigkeit wird nicht nur im Biosupermarkt in der Stadt gerungen.

Im Lokalen berichten wir über Weltunternehmen aus der Region und Umgebung wie Claas mit Big Data für den Acker, Fuchs (hat jeder im Gewürzregal) und VW. Und mit seiner starken Lebensmittelindustrie – vom Sahneeis aus Hilter, der Stadt, die man tunlichst ganz langsam und Buchstaben für Buchstaben tippt, um Schreibkatastrophen zu vermeiden, bis zur Coppenrath’schen Schwarzwälder Kirschtorte sind wir auch ein bisschen der Fettfleck der Region.

 

Die Wirklichkeit abzubilden und längst nicht mehr nur in Buchstaben zu beschreiben, das ist mein Arbeitsalltag: mit Storytelling, Grafiken, Videos, Podcasts. Dass die Zukunft dem Digitaljournalismus gehört und der mit seinen unendlichen Möglichkeiten gehörig Spaß machen kann, hat NOZ/mh:n MEDIEN früh erkannt.

Ich bin dankbar dafür, dass mich Menschen in ihr Leben schauen lassen, dass ich sie – bei allem Respekt – Dinge fragen darf, die sie beim Familienkaffeeklatsch vielleicht nie erzählen würden. Vernachlässigte Themen aufzuspüren, den Blick auf diejenigen zu richten, die nicht im Rampenlicht stehen, auch das macht meinen Beruf aus. Dabei begegne ich so vielen starken Charakteren, dass mir die wichtigste Eigenschaft einer Lokaljournalistin leichtfällt: Ich mag Menschen, Norddeutsche sowieso.

So entstehen Geschichten aus dem alltäglichen Wahnsinn, berührende, kriminelle, empörende. Warum kündigen drangsalierte Werksarbeiter nie von sich aus? Wie verwandelt sich ein 70-jähriger Ex-Manager zum erfolgreichen Kunstmaler? Und wo spüre ich den unbekannten Vater eines Zwangsarbeiterkindes auf?

 

Mein Kiez kann alles: ländlich, städtisch, provinziell, weltoffen, in der Kunstszene, der Wirtschaft, an der Uni. Wie jeder Osnabrücker bin ich überzeugt: Detmold kann einpacken, Arminius hat Varus‘ Legionen in Kalkriese geschlagen. Sorry Ostwestfalen. Ansonsten sind wir hier, in der Stadt des „Westfälischen Friedens“, natürlich ausgesprochen pazifistisch.

Vielleicht rührt daher auch die hohe Zufriedenheit mit dem Leben in der Region. „Ich komm zum Glück aus Osnabrück“ ist nicht nur eine Floskel. Wer dieses Lebensgefühl kennenlernen will, dem empfehle ich einen Bummel über den Wochenmarkt unterm Dom, ein Basketballspiel der „Artland Dragons“, 3.000 Kilometer Rad- und Wanderwege und eine Erkundungstour entlang des Bad Iburger Baumwipfelpfades. Surfer sollten sich einen Ritt auf der Hasewelle nicht entgehen lassen. 

Glaube ich dem Bürgermeister meines Wohnorts, lebe ich in der Toskana des Osnabrücker Landes. Nun soll man Bürgermeistern gegenüber ja eine gesunde Skepsis walten lassen – aber so ganz Unrecht hat er nicht. Sanfte Hügel und ein besonderes Licht, das haben wir auch.

Und wenn mir ein trockenes „geht wohl“ nicht mehr reicht, ich Sehnsucht nach überladener, karnevalistischer Lebensfreude habe, gibt’s da ja noch den Ossensamstag. So weit ist es aber noch nie gekommen.